Felice – ein Autounfall war seine Rettung!

Sie lesen diesen Bericht, weil ein Hund wider Erwarten eine unvorstellbare Tortur überlebt hat. Es ist eine traurige und dramatische Geschichte, wie so oft bei unseren Schützlingen. Wir berichten erst jetzt darüber, weil auch seitens tierärztlicher Einschätzung sein Überleben sehr fraglich war.

Eine Frau beobachtete, dass ein Hund beim Überqueren der Straße von einem Auto angefahren wurde und liegenblieb. Der Wagen setzte seine Fahrt unbeirrt fort, während sie zu dem Unfallopfer rannte. Als sie das Ausmaß der Verletzungen sah, war sie völlig schockiert, lud den Hund in den eigenen Wagen, um ihn in eine Tierklinik zu bringen. Noch während der Fahrt kontaktierte sie unsere sardische Kollegin, mit der sie befreundet ist. Wenig später erhielten wir Fotos und Videos des schwer verletzten namenlosen Rüden. Wir sehen einiges, aber hier mussten auch wir schwer schlucken: Ein Hinterlauf blutgetränkt, tiefe Wunden und Abschürfungen. Den anderen Hinterlauf kann man nur als Albtraum beschreiben: Die komplette Pfote schwarz, Nekrosen überall, Eiter. Am Gelenk derart zerfetzt, dass dort nur noch ein großes Loch klaffte, in dem jeder Knochen sichtbar war. Darüber frische Wunden und Abschürfungen. Der Hund muss unerträgliche Schmerzen erduldet haben. Dennoch wedelte er bei Ansprache zaghaft mit der dünnen Rute. So etwas zerreißt einen beinahe. Aber irgendetwas stimmte nicht…die Verletzung an der rechten Pfote sah älter aus! ....


Wir gaben sofort grünes Licht für eine Notfallbehandlung und Übernahme aller anfallenden Kosten, denn hier ging es ohne Zweifel um jede Minute. Der Tierarzt bestätigte, dass die Verletzung an der nekrotischen Pfote nicht frisch ist. Der Hund konnte sich damit kaum auf den Beinen halten, denn die Schmerzen waren jenseits aller Vorstellungskraft und die schwere Infektion tat den Rest. Wir vermuten, dass er deshalb angefahren wurde – er konnte einfach nur noch ganz langsam humpeln und nahm vermutlich die Umgebung nicht mehr richtig wahr. So furchtbar es klingt: Gott sei Dank wurde er angefahren! Ohne den Unfall wäre er nämlich bald jämmerlich und qualvoll gestorben. Deshalb haben wir ihn Felice genannt (Es bedeutet glücklich).

Aufgrund der Tiefe und Position der Gewebeeinschnitte, der Art der Verletzungen und ärztlicher Einschätzung wurde Felice misshandelt, indem man ihm mit Draht die Hinterläufe zusammengebunden hat, und zwar längere Zeit! Wie Felice sich letztlich befreien konnte, wissen wir nicht. Aber sein Kampf mit dem Draht, der sich dadurch immer tiefer in sein Fleisch fraß, ist in unseren Köpfen…

 

Nach der Erstversorgung und Schmerztherapie musste Felice erst einmal stabilisiert werden. Er konnte sich natürlich in seinem Zustand auf der Straße kein Futter suchen, war bis auf die Knochen abgemagert. Und er war keinesfalls über den Berg. Wir fürchteten jede Stunde, den Anruf zu bekommen, dass Felice es nicht geschafft hat. Aber er hielt durch. 2 Tage später kam allerdings ein Anruf, der uns sehr betroffen machte: Die schwarze Pfote sei selbstständig abgefallen. Unsere Kommunikation mit der Klinik war natürlich zunächst darauf ausgerichtet, alles zum Erhalt seines Beines zu tun. Aber die Nekrose war zu weit fortgeschritten. Nun stand eine Teilamputation an, um die zahlreichen Knochensplitter zu entfernen und den Stumpf prothesenfähig zu machen. Es galt, den besten verfügbaren Chirurgen für Felice zu finden. Würde er in seinem schlechten (Ernährungs)Zustand überhaupt eine Narkose überleben? Wir würden selbstverständlich alles für den armen Tropf tun, aber aufgrund seines desolaten Zustands war es ein erhebliches Risiko. Eine Alternative gab es andererseits auch nicht, weil die Infektion ihn sonst umbringen würde. Wir hofften, dass Felice sich übers Wochenende mit ärztlicher Hilfe und intensiver Pflege soweit erholt, dass die OP direkt im Anschluss erfolgen konnte.

Leider war Felice zu schwach für die OP und musste zunächst weiter konservativ behandelt werden. Medikamente, Schmerzmittel, ständige Prüfung und Versorgung der Wunden, gutes Futter. Unsere sardische Pflegestelle gab alles und päppelte ihn erfolgreich. Wenige Tage später die nächste Hiobsbotschaft: Die Blutversorgung am noch intakten Hinterlauf war aufgrund der tiefen Wunden nicht mehr gegeben und man musste nun trotz des Risikos handeln und die Zehen amputieren! Felice fehlen nun also ein kompletter Fuß und am anderen Lauf die Zehen.

Mancher fragt sich nun an dieser Stelle, ob dies noch lebenswert ist. Wir haben das auch getan, seien Sie versichert! Zum einen zeigt Felice sehr deutlich unbändige Lebensfreude. Er liebt Menschen und wedelt ununterbrochen, wenn man ihn streichelt, freut sich. Er humpelt sogar auf den sorgsam verbundenen Beinen umher, möchte bei den Aktivitäten der anderen Hunde auf der PS mitmachen und zeigt sich absolut sozial und freundlich.

Zum anderen wird auf Sardinien grundsätzlich nicht euthanasiert, ganz egal wie schlimm der Zustand eines Tieres ist…

 

Die Wundheilung an Felices Stumpf konnte durch eine weitere OP in einer Spezialklinik, bei der diverse herausstehende Knochenfragmente entfernt wurden, realisiert werden. Er wird weiterhin regelmäßig vom Tierarzt untersucht und auch seine Pflegestelle lässt nichts unversucht, um mit speziellen Salben und Manuka Honig die Heilung weiter anzuregen. Dennoch hat er auf Sardinien keine Zukunft, weil er natürlich nicht dauerhaft auf seinen Stümpfen herumlaufen darf.

Wir haben nur eine Möglichkeit: Felice muss kommen! Hier haben wir deutlich mehr medizinische Optionen und Fachärzte. Er braucht natürlich eine optimale Schmerztherapie und später Prothesen und Physiotherapie. Und das alles bei einem Menschen, der ihn liebevoll und mit viel Zeit betreut und diesen schweren, steinigen Weg mit ihm geht. Ohne Wenn und Aber. Es ist sicher viel Arbeit, aber wir dürfen nicht vergessen, dass es Felice ist, der die tatsächliche Bürde trägt. Und das sehr tapfer! Wenn dieser Hund sich nicht aufgibt – wie könnten wir es dann tun?!